Ayurveda in Sri Lanka. Eine Reisepassage

7. Februar 2023 Martina Pfeifer Steiner
Bildteil

Die erste Kolumne unter PS:Passagen führt in den Süden von Sri Lanka:

Ich habe einen Krebs gerettet. Der Fischer warf ihn auf den Strand, vor meine Füße. Er zappelte am Rücken liegend und hatte keine Chance. Ich schubste ihn auf den Bauch, schnell krabbelte er dem Wasser zu, seitwärts, blieb stehen, ein kleiner Wasserschwall erfasste ihn, er nutzte diesen, um sich halb einzugraben, die nächste Welle bedeckte die Stelle vollständig und als sie wich, war er verschwunden. Ein Spaziergang mit den auslaufenden Wellen, heute zahm, freundlich, warm. Draußen kraftvoll, eine gleichmäßige Mauer bricht und löst sich grafisch auf, rechteckig, mit großer Macht. Ich singe laut, leise, hoch, tief, aus voller Brust, ein noch nie gekanntes Lied. Wie kann es nur so schön sein.

Strandspaziergang am Morgen. Es will regnen, tut es doch nicht. Eine Schar von dunklen Menschen hat sich versammelt. Es sieht nach dem Fischfang von heute aus, der verteilt wird. Schöne Farben, die Hunde friedlich, sie haben sich ein wenig im Sand eingegraben, schlafen wie im Nest. Der eine scheint verliebt zu sein in den anderen, schaut ihn treuherzig, mit gebührendem Abstand an. Ein Rabenvogel hüpft den Wellen entlang, er hat eine Unregelmäßigkeit – ta-damm ta-damm ta-damm, was will er mir sagen, ist nicht so überzeugt davon. Die Wurzeln hängen wie Wollfäden aus den Bruchstellen des Sandcanyons. Friede ist Freiheit, Freiheit ist Friede; Liebe ist Leben, Leben ist Liebe und das Wort Liebe beinhaltet Lebe!

Die Hunde haben mich lautlos umkreist, nehmen aber keine Notiz von mir, es sind keine Bettelhunde. Ich mache einen Teil der Qi Gong Übungen, es ist jedoch zu aufregend, was rundherum passiert. Zurück durch den Palmengarten zum Frühstückstisch. Auf der Holzliege sitzt eine Katze, ich betrachte sie genauer und sehe die zwei Jungen, die sie säugt. Wachsam ist sie, aber lässt sich nicht stören. Mir fällt die Geschichte ein, die ein Kurgast erzählt hat: Er sah auf seinem Balkon zwei Affen und näherte sich der Fensterscheibe. Der größere Affe nahm ihn wahr, packte sein Kind, zog es an die Brust und sprang davon. Noch immer bin ich zu früh, aber es gibt trotzdem "normal breakfast and black tea, please!" Der strahlende Boy bringt es und sagt: "Wie geht es Ihnen?" Er hat den deutschen Satz soeben gelernt. Ich bin gerührt, so schön ist es hier!

Sie scheinen genau zu wissen, was der Mensch begehrt, den sie da behandeln. Treatment. Good for you! Excellent food! Dort ernten sie Kokosnüsse. Es ist ein aggressiver Ton, wenn sie zu Boden knallen, man hört die Kraft und was sie ausrichten können. Ich habe heute zur ersten Behandlung einen anderen Weg genommen. Dieser kleine Garten mit den Heilpflanzen ist bezaubernd, am Boden liegen die weißen, gefiederten Tempelblumenblüten.

Ich werde hier wohl witzig! Die Nasya Behandlung ist eigenartig. Du musst in guter Body-Energie sein, damit du sie überstehst. Ein Prozedere: zuerst Inhalation, dann Gesichtsmassage, eine intensive, anschließend drei lächerliche Tropfen in jedes Nasenloch, mit ungeheurer Wirkung. Es brennt etwas. Einatmen, Ausatmen, auf jeder Seite separat und dann kredenzt der Doktor ein Glas mit Kräuterwasser. Skeptisch betrachte ich es, ob es wohl schmecken wird. Er sagt, es sind nur Kräuter, ich setze an und will es in einem Zug austrinken. No, No, gurgeln, nicht trinken! Ich muss so lachen! Zu Mittag stellt sich dann heraus, dass auch die intelligente Notarin aus Köln dasselbe getan hat. Diese Anweisung: Do not drink, sollte klarer formuliert werden! Am Nachmittag bei der Augenbehandlung fragt mich der Arzt ob ich eh alles weiß, ich kenne das doch schon. Ja, sag ich, ich weiß: Do not eat the Donuts! Man bekommt nämlich dicke Teigringe aus Kichererbsenmehl rund um die Augen platziert, damit das Öl nicht rausrinnt. Ich finde mich wirklich witzig, muss innerlich kichern, die ganze Behandlung lang.

Meine Spezialbehandlung Pitchu gibt es offenbar auch in ungeahnten Variationen: Ein dünner Stoff wird auf Nacken und Schultern ausgebreitet, dann langsam mit warmen Öl beträufelt, damit es satt ölig einwirkt. In dieser Variante macht es derjenige, bei dem soeben die Fußmassage sehr gut war. Er legt den Gazestreifen auf, etwas kompliziert passt er ihn genau an. Dann geht er, kommt ganz lange nicht mehr. Endlich, mit einem Topf. Er nimmt den Stoff wieder ab, tränkt ihn im Öl und befördert das ganze mit einen Schlapp und Klax auf meinem Rücken. Warm Okay? Der heiße Schock ist schon verkraftet, überall rinnt es hinein, hinab, in Öl getränkt. Langsam kühlt es ab. Zeit vergeht. Er kommt wieder mit dem Topf. Flapp schüttet er ihn über mir aus, ein großer Schlapp ins Gesicht, iiih, ohh, er will anscheinend diesen ganzen Topf leer machen. Es rinnt weiter über den Busen zum Bauch, so war das aber nicht geplant! Er kommt dann tatsächlich ein drittes Mal. Ich schau danach auf die Uhr, eine Stunde ist vergangen!

Geräusche am Morgen. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, der gleichmäßige Besenstrich, hin, her, harter Reisig. Den ganzen Tag kehren sie sich durch den Garten, wenn sie da fertig sind, fangen sie dort wieder an. Ich bin eigentlich immer die erste beim Frühstück. An diesem Tag nicht. Es gibt Avocadosaft, dem Dicke-Frauen-Tisch werden die Gläser gerade hingestellt. Ich freue mich, erstens, weil meine Lieblingsfrucht und zweitens kann ich das auch bei Durchfall trinken. Aber diese dort waren die letzten, es gibt nicht einmal ein kleines Avocadostückchen mehr. Schau mich um. Überall steht ein grünes Glas. Auch vor dem alten Mann, der nie sein Hörgerät eingesteckt hat. Muss mich abfinden, bekomme einen Extra-Melonensaft. Drehe mich trotzdem ständig um und beobachte, ob die Avocadogläser noch immer unberührt sind.

Der Alte Mann hat das Glas in einem Zug ausgetrunken. Die beiden Frauen hinter mir tratschen, nicht zu laut, stört nicht. Die jüngere hat bereits halb ausgetrunken. Ein für alle mal, vergiss es, erfreu dich an dem Buch und dem feinen Frühstück, das sie dir jeden Tag hinstellen, an den Rotis (Taler aus Buchweizenmehl und Kokosflocken), der grünen Suppe, den Mangos, Papayas. Der Black Tea, ist nun auch offiziell genehmigt. Die Frau Doktor fragte mich nämlich nach der letzten Blutdruck-Messung, ob ich vielleicht besser schwarzen Tee zum Frühstück trinken sollte, anstatt des obligaten Kräutertees. Plötzlich fange ich das Wort Avocado auf, drehe mich um und sehe, wie das volle Glas der Dicksten abserviert wird. Stopp. Stopp. Ja, und da steht nun doch das Glas mit gepressten Avocados vor mir. Der nette Kellner sagt: You are lucky! Ja, I am a lucky girl.

Die erste Kolumne unter PS: Passagen führt in den Süden von Sri Lanka, ins Surya Lanka Ayurveda Resort, wo ich mehrmals vier Wochen zur Kur verbrachte.