"Alle für einen, einer für alle" – Die "drei Musketiere"-Filme

29. August 2011 Walter Gasperi
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Alexandre Dumas" 1843/44 erschienener Roman "Die drei Musketiere" gehört zu den am häufigsten verfilmten Stoffen der Filmgeschichte. Nicht nur für über 20 Spielfilme, sondern auch für Animationsfilme und Serien boten die Abenteuer von d"Artagnan und seinen drei Freunden Athos, Porthos und Aramis seit Anfang der Filmgeschichte die Grundlage.

Schon 1903 entstand in Frankreich die erste Verfilmung, über die allerdings nichts Näheres bekannt ist. In den 1910er Jahren folgten drei amerikanische Versionen, ehe 1921 dem Franzosen Henri Diamant-Berger mit seiner sechsstündigen Fassung ein Blockbuster der damaligen Zeit gelang. Diamant-Berger bemühte sich um Nähe zum Roman und lässt auch die Melancholie der Vorlage spürbar werden, die späteren Adaptionen oft fehlt. Nicht nur die Schauspieler wurden sorgfältig ausgewählt, sondern auch die Schauplätze, wobei Diamant-Berger viele Szenen im Freien drehte.

Lange Zeit galt dieser Film als verschollen, bis ein Neffe des Regisseurs eine Kopie entdeckte und restaurieren ließ. Vorbild für alle folgenden "Musketier"-Filme wurde aber der im gleichen Jahr entstandene amerikanische Mantel- und Degenfilm mit Douglas Fairbanks in der Hauptrolle. Fred Niblo konzentriert sich auf die Aufdeckung der Intrigen des Kardinals Richelieu durch d"Artagnan und die drei mit ihm befreundeten Musketiere Athos, Porthos und Aramis.

Abweichend vom Roman findet der Film, an dessen Drehbuch Fairbanks mitschrieb, nicht nur ein Happy-End, sondern führt mit dem dreifachen Duell am Beginn, das d"Artagnan und die Musketiere zu Freunden macht, auch ein Motiv ein, auf das auch spätere Verfilmungen nicht verzichten wollten. Stilbildend war diese Fassung auch in der lockeren Erzählweise, in den ebenso rasanten wie spektakulären Degenduellen, die teilweise wie Pendants zu Tänzen im Musical wirken, und im Spannungsaufbau bei der Jagd nach den Diamanten der Königin, die in letzter Minute der Besitzerin überreicht werden können.

Die düsteren und tragischen Momente von Dumas" Roman wurden getilgt, im Sinne massentauglicher Unterhaltung forcierten Niblo/Fairbanks dafür die Entwicklungsgeschichte eines jugendlichen und abenteuerlustigen Helden sowie romantische Momente.

Die Nähe zum Musical, mit der auch die erste Tonfilmfassung von Rowland V. Lee von 1935 durch die Verbindung von Choreographie und Musik spielte, brachte Allan Dwan 1939 mit seinen "The Three Musketeers" auf den Punkt: Er inszenierte den Stoff gleich ganz als Musical und legte seine Version auch als Parodie auf den Fairbanks-Film an.

Ähnlich stilbildend wie Niblos Stummfilm wurde dann aber die George Sidneys Verfilmung aus dem Jahr 1948. Hier kommt die Verwandtschaft zum Musical schon durch die Besetzung der Hauptrolle mit Gene Kelly zum Ausdruck. Zum Tänzerisch-Leichten der Fechtszenen kommen noch Technicolor-Farben und Dekorationen, die diesen Film zu einem prachtvollen Abenteuerfilm und einer der gelungensten Verfilmungen von Dumas" Roman machen.

Der große Erfolg rief fast zwangsläufig Folgeprodukte hervor wie "At Sword"s Point – Sons of the Musketeers" ("Die Söhne der Musketiere", 1950) oder Budd Boettichers "The Sword of d"Artagnan" (1952), der als Pilotfilm einer geplanten TV-Serie in die Kinos kam. Enttäuschten diese Filme aber, so fand die zweiteilige französisch-italienische Koproduktion "Les trois mousquetaires" (1960) durchaus wohlwollende Aufnahme bei der Kritik, die vor allem die Kampf-Choreographien lobte.
Wie in anderen Genres wie Western-, Horror und Monumentalfilm entstanden auch im Mantel- und Degenfilm in den 1960er Jahren mehr Produktionen in Europa als in den USA. Vor allem parodistisch wurde hier der Stoff bearbeitet wie mit Carlo Ludovicos "I quatro Moschettieri" ("Die lustigen Rivalen der vier Musketiere", 1963) oder durch die französische Komikertruppe "Les Charlots" mit "Le quatre Charlos Mousquetaires" (1973) und dessen Fortsetzung "Les quatre Mousquetaires 2e ronde – A nous quatre, Cardinal" ("Die tollen Charlos: Hilfe, mein Degen klemmt", 1974).

Mehr Aufsehen erregte allerdings Richard Lesters zweiteiliger "The Three Musketeers" (1973) und "The Four Musketeers" (1974), der mit einer großen Starbesetzung (Oliver Reed, Raquel Welch, Michael York, Richard Charmberlain, Geraldine Chaplin, Faye Dunaway) aufwartete, zu den klassischen filmischen Vorbildern zurückkehrte, diese ironisch verarbeitete und schwungvolles Abenteuer mit parodistischen Momenten verband. Dumas" Folgeroman "20 Jahre später" ließ Lester 15 Jahre später mit Großteils der gleichen Besetzung mit "The Return of the Musketeers" (1989) folgen, die es allerdings an Witz nicht ganz mit den ersten beiden Filmen aufnehmen kann.

Zu den weiteren Verfilmungen zählt unter anderem eine Disney Produktion von 1993, über die der amerikanische Star-Kritiker Roger Ebert schrieb: "Gibt es eigentlich einen triftigen Grund, noch eine Version von "Die drei Musketiere" zu drehen? Die Aufgabe eines neuen Filmes wäre es, uns davon zu überzeugen, dass die Antwort "ja" lauten müsste – was dieser Film jedoch nicht macht."

Ein Ende der Verfilmungen hatte aber diese missglückte Version nicht zur Folge. Vorläufig letztes Statement zum Thema liefert Paul W.S. Anderson, dessen "Die drei Musketiere" nicht nur mit Stars wie Christoph Waltz, Orlando Bloom und Milla Jovovich, sondern auch mit 3D aufwartet.