Modebilder, Fotomodelle & Voyeurismus

Die Ausstellung "Mode:Bilder", die vom 17. November 07 bis 24. März 08 im NRW-Forum Kultur und Wirtschaft Düsseldorf zu sehen ist, verändert den Blick auf die Modefotografie: Anhand von nahezu 400 Fotografien von 100 Fotografen aus dem Zeitraum 1843 bis 2006 zeigt sie auf, daß Modefotografie mehr ist als das Abbildung von Bekleidung. So ist die These dieser Ausstellung, daß vielmehr jedes Foto von einem Menschen seinem Wesen nach immer auch ein Modefoto ist.

Und so beginnt die Ausstellung "Mode:Bilder" mit Aufnahmen von Robert Adamson aus der Frühzeit der Fotografie; einer Inkunabel der Fotografie-Geschichte. Adamson fotografierte im Jahre 1843 über 450 schottische Geistliche die sich in einem aufständischen Akt von der Church of England lossagten und die Free Church of Scotland gründeten. Diese Einzelfotos benutzte der Maler Octavius Hill als Vorlagen für ein Gemälde das eben diese Versammlung der Abtrünnigen darstellt. Diese Fotografien sind nicht nur das erste Mal, daß Fotografie als Vorlage für Malerei diente, es ist auch die Typologie eines Berufsstandes und einer Generation Mitte des 19. Jahrhunderts: sie sagen alles aus über Mode und Gestus der dargestellten "Fotomodelle". Dem Sinn nach ist es Modefotografie.

Es folgen in rascher Abfolge Fotografien der Belle Epoque, der 20er und 30er Jahre in Deutschland, Fotografien von Künstlern, wie Wols (Otto Wolfgang Schulze, einem Wegbereiter des Informel) treffen auf Fotografien von Schaufenstergestaltungen von Peek & Cloppenburg; Aktaufnahmen treffen auf Freikörperkultur, Mode ist hier nur noch in Haltung und Haar zu erkennen, und schließlich schließt die erste Hälfte der Ausstellung mit den großartigen schwarzweiß-Aufnahmen von Richard Avedon. Mit ihm endet die Epoche der Elegance um dann im zweiten Teil der Ausstellung fortzufahren mit den voyeuristischen, berührenden, bahnbrechenden Aufnahmen von Guy Bourdin. Ein Gegenpol, mit dem eine neue Epoche beginnt, die Epoche der Exzentrik und der expliziten Bildsprache.

Moden und Modefotografien reflektieren Zeitzeugenschaft, sie sind Momentaufnahmen einer Zeit und spiegeln das Lebensgefühl einer jeden Generation wider. Sie sind die wichtigste Komponente unserer nonverbalen Kommunikation, ihre einzige Konstante ist der Wechsel in Permanenz. Der Modefotograf muß genauso wie der Modeschöpfer Trends antizipieren, Intentionen visualisieren und das möglichst in Bildern, mit denen sich Frauen und Männer - bewußt oder unbewußt - identifizieren.

Die Ausstellung "Mode:Bilder" befreit den Begriff der Modefotografie aus seiner Verengung. Gezeigt werden nicht die Konjunkturen von Textilien, Couturiers, Models und der sie begleitenden oder interpretieren den Fotografen. Ziel ist es vielmehr zu zeigen, wie das Genre sich ständig verändert und sich strengen Kategorisierungen entzieht. Die Ausstellung trägt damit einer Entwicklung innerhalb der Mode selbst Rechnung: Wer sie heute noch mit den Kategorien von Schönheit und Eleganz zu erfassen versucht, wird scheitern. Sie dokumentiert die Mode als integralen, als substantiellen Bestandteil unseres Lebens und zeigt die mannigfaltigen Facetten von Mode, jenseits der Schutzfunktion von Kleidung vor Kälte und Hitze.

Die Auswahl der fast 400 Werke von 100 Fotografen über den Zeitraum vom 1843 bis 2006 beansprucht keineswegs einen repräsentativen Überblick über 160 Jahre Modefotografie zu geben. Sie ist ein subjektives Extrakt der Sammlung F.C. Gundlach - geprägt von der ganz persönlichen Sicht des Sammlers und Kurators, getroffen unter der bereits eingangs erwähnten These, daß Modefotografie viel mehr ist als die Reproduktion eines Kleides. Ein weiterer Schwerpunkt der Sammlung wie auch in der Ausstellung sind die Fotografien der Moden, so wie sie sich auf der Straße, dem "Catwalk der Öffentlichkeit", präsentieren.

Darüber hinaus zeigt die Ausstellung, wie der Sammler konstant sein Konzept veränderte, andere Schwerpunkte setzte und auf gesellschaftliche Veränderungen reagierte. Was einmal 1975 mit dem Erwerb eines Abzugs von Ansel Adams "Hernandez Moonrise" begann, setzte sich über viele Inkunabeln der Photographie fort bis hin zum anonymen Bild oder Amateurfoto, die im Kontext der Sammlung und in der Vorstellung des Sammlers, eine neue und andere Bedeutung erfahren.

"Mode:Bilder" zeigt unter anderem Arbeiten der Künstler und Fotografen Hill und Adamson, Madame d´Ora, George Hoyningen-Huene, Yva, Regina Relang, Irving Penn, Richard Avedon, Guy Bourdin, Robert Mapplethorpe, George Platt-Lynes, Will Mc Bride, David LaChapelle, Herlinde Koelbl, Peter Lindbergh, Martin Kippenberger, Jürgen Klauke, Bernhard Prinz, Wols, Wolfgang Tillmans, Merry Alpern.

Die Ausstellung wurde von F.C. Gundlach 2006 anläßlich seines 80. Geburtstags unter dem Titel "The Heartbeat of Fashion" kuratiert und im gleichen Jahr erstmals in dem "Haus der Photographie" der Hamburger Deichtorhallen gezeigt. Die umfangreiche Sammlung von F.C. Gundlach bildet den Grundstock des von ihm mitgegründeten "Haus der Photographie" in den Hamburger Deichtorhallen.

Franz Christian Gundlach, geboren 1926 , hat sie alle vor seine Kamera bekommen - ob Romy Schneider oder Soraya, Gina Lollobrigida oder Jean Luc Godard - in einfühlsamen schwarzweiß-Aufnahmen fing er sehr persönliche Momente der großen Stars der 50er und 60er Jahre im Bild ein. Das Interesse für die Fotografie wurde bei dem Mann, der sich später nur noch kurz F.C. Gundlach nannte, schon früh, mit 10 Jahren geweckt. Anfang der 50er Jahre zog es ihn dann bereits Paris.

Mit dem Wirtschaftswunder kam auch nach Deutschland der Glamour - und F.C. Gundlach wurde der deutsche Glamour-Fotograf: Illustrierte wie "Film und Frau", "Quick", "Brigitte" und "Stern" brachten mit seinen Fotostrecken die Große Welt nach in das Wohnzimmer. Innerhalb kürzester Zeit wurde er mit Modefotos vor dem Eiffel Turm in Paris oder vor den Pyramiden Ägyptens zum Star der deutschen Modefotografie. Als erster unternahm er zu jener Zeit Shootings im Nahen und Fernen Osten, in Mittel- und Südamerika.

In Hamburg gründete er 1967 die Unternehmen "CC" und "PPS", und betrieb Labore und Miet-Studios, handelte mit Profi-Kameras und Fotopapier um die amerikanische Professionalität, die er selber auf seinen Shootings kennengelernt hatte, nach Europa zu bringen. Später eröffnete er die "PPS Galerie F.C. Gundlach", - eine der ersten reinen Fotogalerien Deutschlands - in Hamburg und in Düsseldorf.

Ende der 80er Jahre legte Gundlach die Kamera aus der Hand. Heute ist er der Grandseigneur der deutschen Fotografie, international renommierter Sammler, hochgerühmter Kurator, und Gründungsdirektor des "Haus der Photographie" in den Hamburger Deichtorhallen dessen Sammlungsgrundstock, bei seiner Gründung im Jahr 2000, die Sammlung von F.C. Gundlach bildete.


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog: 311 Seiten, 4-farbig, Hardcover, Euro 48,00. Erhältlich im Museumsshop oder im webshop des NRW-Forums unter www.nrw-forum.de

Mode:Bilder
Fotografien aus der Sammlung F.C. Gundlach
17. November 2007 bis 24. März 2008