Zwischen Paradies und Untergang

Mit Otto Dix präsentiert die Kunsthalle Krems in ihrer Frühjahrsschau einen der wichtigsten deutschen Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Geprägt von den grauenvollen Ereignissen im Ersten Weltkrieg entwickelte Dix eine einprägsame und drastische Bildsprache. Mit seinen sozialkritischen Gemälden thematisierte er die politische und gesellschaftliche Situation von den zwanziger Jahren über das dritte Reich bis in die Nachkriegszeit. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Dix als einer der ersten Kunstprofessoren abgesetzt, 1937 wurden seine Werke in der Schau Entartete Kunst gezeigt.

Die Ausstellung zeigt einen Überblick über Dix" gesamtes Schaffen. Ausgehend von seinem großen grafischen Werk, das sich mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzt, wird der Realist Otto Dix vorgestellt, der sich selbst als streitbarer Kommentator, Reporter und Chronist seiner Zeit sah. Sein großes Anliegen war es, den Krieg realistisch darzustellen, um ihn so den Betrachtern seiner Bilder verständlich zu machen: sie sollten sehen, wie es gewesen war. Er wollte mit seiner Kunst nicht die Welt verändern, sondern die Gräueltaten in der Erinnerung lebendig erhalten, damit sie eine abschreckende Wirkung hätten. Um den Krieg aus nächster Nähe zu sehen und zu erleben, um die menschlichen Abgründe verstehen zu können, hatte er sich – genau wie einige Künstlerkollegen – freiwillig als Soldat gemeldet. Dix beruft sich in der Darstellung des Krieges mit all seinem Elend und seiner Verzweiflung auf große Vorbilder: der Schweizer Urs Graf fertigte bereits im 16. Jahrhundert realistische Skizzen über seine Kriegserlebnisse an, Jaques Callot und Francisco de Goya folgten im 17. und 18. Jahrhundert.

Bis zum Jahr 1924 ist Dix" Werk von großer stilistischer Vielfalt und maltechnischer und kompositorischer Experimentierfreude geprägt. Er adaptierte verschiedene Stile und probierte deren Wirkung aus. Die Auseinandersetzung mit altmeisterlichen Maltechniken und Kompositionen stand bereits am Anfang seiner Künstlerlaufbahn vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, ebenso Versuche mit Impressionismus und Expressionismus.

Ab 1924 wendet sich Dix wieder der altmeisterlichen Technik zu, er intensiviert sein Interesse an der Oberfläche, malt auf groben, schweren Holztafeln, gleichzeitig leben seine Gemälde von ihrer inhaltlichen Gegenwärtigkeit. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Otto Dix als einem der ersten Künstler die Lehrbefugnis entzogen, seine Bilder wurden zu entarteter Kunst erklärt, zahlreiche seiner Werke wurden beschlagnahmt oder zerstört. Dix zog sich daraufhin in die "innere Emigration" zurück und widmete sich der Landschaftsmalerei, allegorischen und biblischen Darstellungen. Es ging ihm dabei nicht mehr um ein realistisches Abbild des Gesehenen, sondern um die ideale, lebendige Komposition eines Bildes, um das Erfinden künstlerisch spannender Landschaften. Ab 1944 entfernte sich Dix von den altmeisterlichen Techniken und wandte sich einem neuen, farbigen und großflächigen Expressionismus zu. Er selbst beschrieb seine veränderte Technik als eine neue Art des Sehens, die bei ihm eingesetzt hätte. Seine Malerei wurde spontaner, gröber, eine Art von Entfesselung brach sich Bahn.

Bis heute sind hauptsächlich die Kriegsbilder von Otto Dix einem breiten Publikum bekannt. Anlässlich des 40. Todestages des Künstlers setzt sich die Schau in Krems mit der Vielfalt von Dix" Œuvre auseinander, seiner stilistischen und ikonografischen Entwicklung vom Expressionismus über kubistische und futuristische Anklänge bis zu neuer Sachlichkeit und altmeisterlichen Techniken. Die Präsentation in der Kunsthalle Krems bezieht erstmals in Österreich dezidiert auch Dix" Spätwerk mit ein. Die Ausstellung wird in Kooperation mit der Otto Dix Stiftung in Vaduz sowie zahlreichen Sammlungen und Privatleihgebern realisiert.


Katalog: Otto Dix. Zwischen Paradies und Untergang, erschienen im Hirmer Verlag, EUR 23,70

Otto Dix - Zwischen Paradies und Untergang
15. März bis 12. Juli 2009